Packend verwebt die Künstlerin überlieferte Geschichte mit subjektiven Erzählungen von Protagonisten, die – marginalisiert von der offiziellen und tradierten Geschichtsschreibung – Ideologien neu beleuchten. Mit Ihrer Arbeit The Embassy (2011) begibt sich Filipa César in die ehemalige portugiesische Kolonie Guinea-Bissau. Der Archivar Armando Lona blättert in einem vergilbten Fotoalbum, auf das César in einem verwahrlosten Staatsarchiv gestossen ist, und lässt die koloniale Vergangenheit auf den vorgefundenen Aufnahmen anschaulich werden. Die weiche, sonore Stimme Lonas kommentiert aus dem Off ausdrucksstark und wortgewaltig die Schwarzweiss-Aufnahmen aus den 1940er- und 1950er-Jahren. Anhand fotografischer Bilder, die mit dem Blick der ehemaligen Unterdrücker entstanden sind, erzählt er Geschichten aus dem Alltag der Bewohner Guinea-Bissaus.
Weitere filmische Werke wie Cuba (2012) thematisieren das kollektive Gedächtnis, den politischen wie gesellschaftlichen Hintergrund Portugals und dessen Vergangenheit als Kolonialmacht. Ein Ausgangspunkt ist dabei der Unabhängigkeitskämpfer Amílcar Cabral (1921–1973) und sein Einfluss auf das kinematografische Vermächtnis Guinea-Bissaus. Die lokale Filmproduktion spielte eine wesentliche Rolle im Unabhängigkeitskampf der Kolonie von 1961 bis 1973 gegen Portugal.
In der Arbeit Porto, 1975 (2010) kondensiert die Künstlerin Gegenwart und Vergangenheit am Beispiel von Bouça – ein Projekt des sozialen Wohnungsbaus in Portugal. 1973 vom Architekten Álvaro Siza geplant und begonnen, wurde es 1978 eingestellt und konnte erst 2006 abgeschlossen werden. Filipa Césars Videoarbeit führt in einer einzigen Kamerafahrt durch die Anlage und endet in einem Architekturstudio. Die Erinnerung an die kontroversen Reaktionen auf das Bauprojekt ist hier abschliessend als Telefonnachricht eines Zeugen zu hören.