Die radikale Entscheidung für ein alltägliches Industrieprodukt verbindet sich bei Flavin mit einem präzise kalkulierten Einsatz der Mittel und einer starken sinnlichen Ausstrahlung. Mit der Wahl der Röhren als Werkmotiv und -material signalisiert Flavin die Annäherung der Kunst an die Alltags- und Konsumwelt. Ihre Präsentation folgt den Prinzipien minimalistischer Nüchternheit, während sie gleichzeitig farbige Lichträume von unvergleichlicher sinnlicher Qualität entstehen lassen.
Flavins Lichtarbeiten unterlaufen die klaren Konturen und Proportionen der Räume und scheinen die Grenzen zwischen Werk, Raum und Betrachter aufzulösen. Er selbst brachte die Gleichzeitigkeit des Bild- und Objekthaften seiner Arbeiten auf den Punkt, indem er sie mit dem Begriff des „image-object“ bedachte.
Die gegen das Bildhafte, Narrative und Symbolische gerichtete Grundhaltung bei Flavin ist stark ausgeprägt, doch sein Verhältnis zur Kunstgeschichte weist ihn ebenso als Grenzgänger jenseits programmatischer Zuordnungen aus. Er widmete nicht nur dem Künstleringenieur des russischen Konstruktivismus Vladimir Tatlin mit den monuments for V. Tatlin, 1964, eine eigene Werkserie, sondern teilte ebenso die Ikonenverehrung der russischen Avantgarde.
Von der ersten, diagonal auf die Wand gesetzten „goldenen“ Röhre, diagonal of May 25, 1963, über Werkserien wie die monuments for V. Tatlin bis zu raumgreifenden Werken wie untitled (to Jan and Ron Greenberg), 1972-1973, zeigt das Kunstmuseum St.Gallen die Bandbreite eines mit beeindruckender Konsequenz wie auch mit grosser Offenheit entwickelten künstlerischen Konzepts. Eine Auswahl der klassischen Werke Flavins mit fluoreszierenden Röhren wird in der Ausstellung durch die zentrale Serie der frühen icons (1961-1964) sowie mit Zeichnungen ergänzt, die sich auf einzelne ausgestellte Lichtarbeiten beziehen.
Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem mumok, Museum moderner Kunst, Wien. Direktion: Karola Kraus, Kurator: Dr. Rainer Fuchs. Die Umsetzung der Ausstellung wurde ermöglicht durch die Unterstützung Stephen Flavins sowie des Dan Flavin Estates und der Galerie David Zwirner, New York. Für die vielfache Hilfestellung im Vorfeld bedanken wir uns bei Annemarie und Gianfranco Verna in Zürich. Unser aufrichtiger Dank gilt den Leihgebern Dia Art Foundation unter Philippe Vergne sowie dem Museum of Modern Art New York und Christian Rattemeyer, dem Solomon R. Guggenheim Museum and Foundation und Nancy Spector, Heiner Friedrich sowie Dr. Ernst Ploil für ihre vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Publikation zur Ausstellung
Zur Ausstellung erscheint im Hatje Cantz Verlag ein Katalog mit Texten von Rainer Fuchs, Karola Kraus, Stefan Neuner, Juliane Rebentisch und Roland Wäspe. Die Publikation kann hier bestellt werden.