Marc Bauer

Totstell-Reflexe

2. Oktober 2010 – 6. Februar 2011, Kunstmuseum

 

Der von den unbeschriebenen
Blättern
abgelesene Brief
der Totstell-Reflexe
grausilberne Kette darauf,
gefolgt von drei silbernen
Takten.
Du weißt: der Sprung
geht über dich, immer.

Paul Celan, aus der Sammlung Lichtzwang, 1970

Die Zeichnung ist das zentrale Ausdrucksmittel von Marc Bauer. 1975 in Genf geboren, ist der heute in Berlin lebende Künstler durch zahlreiche Ausstellungen mit seinen Bleistiftzeichnungen bekannt geworden. Diese können ebenso aus Serien kleinformatiger Skizzen und Textblättern bestehen wie ganze Wände bedecken. Der Künstler versteht es, seine Zeichnungen souverän in einen räumlichen Zusammenhang zu bringen, wie seine konzisen Präsentationen in den vergangenen Jahren, u. a. 2009 im FRAC Auvergne eindrücklich belegen.

Sein zeichnerisches Schaffen besticht durch eine seltene Eindringlichkeit des Strichs und der Haltung sowie eine Unmittelbarkeit jenseits eines traditionell expressiven Gestus. Und er eröffnet ungewohnte Blicke auf Alltag und Geschichte, wenn er etwa im Diskurs des Ungesprochenen (2007) der historisch verbürgten Begegnung von Martin Heidegger und Paul Celan im Schwarzwälder Todtnauberg nachspürt.

Im Zentrum der St.Galler Ausstellung stehen Zeichnungsserien von Marc Bauer, die auf der Erkundung philosophischer Themen in Zusammenarbeit mit Christine Abbt, Philosophieprofessorin an der Universität Zürich, basieren.

Wie kaum ein anderer Künstler seiner Generation wagt Marc Bauer in seinem Schaffen die grosse übergreifende Verbindung philosophischer Grundkonstanten, Ergebnissen der psychologischen Forschung und eigenem Erleben. Damit ist sein Werk präzise positioniert zwischen kulturphilosophischen Reflexionen und existentieller Suche.

Kurator: Roland Wäspe